Der Kakaopreisanstieg und seine Folgen

Der Kakaopreisanstieg und seine Folgen

Die notwendige Kakao-Preiserhöhung und ihre Hintergründe 

Vor drei Jahren haben wir unsere bahnbrechende Mission, die Schokoladenindustrie zu revolutionieren gestartet. Wo 2019 noch eine grüne Wiese war, wird heute in der ersten reinen Schokoladenfabrik Westafrikas Bioschokolade produziert. Jede Tafel wird mit Solarenergie hergestellt und kompostierbar verpackt. Entstanden ist ein Leuchtturmprojekt in der Schokoladenindustrie und bereits über 115 qualifizierte, gut bezahlte Arbeitsplätze. Das derzeit besonders unsichere, stark schwankende und äußerst angespannte Marktumfeld stellt uns aktuell vor einige Herausforderungen. Denn der Markt für Bio-Tafelschokolade steht auch 2024 weiter unter Druck, während der Weltmarktpreis für Kakao ein historisches Allzeithoch erreicht hat.

In diesen unsicheren Zeiten ist es wichtiger denn je, die Wertschöpfung sowie der Schaffung von Arbeitsplätzen in Ghana weiter voranzubringen. Trotz aller Bemühungen kommen wir jedoch nicht mehr umhin, aufgrund des dramatisch um über 300 % angestiegenen Weltmarktpreises leider eine deutliche Preiserhöhung der UVPs zum 01.05.24 vorzunehmen, um dem hohen Kostendruck standhalten zu können. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass ohne den Ausbau unserer Partnerschaft mit WeltPartner die Erhöhung noch höher ausfallen würde. schafft sie doch zusätzliche Synergie-Effekte, um den gemeinsamen Impact weiter auszubauen und einen besseren Service bieten zu können.

fairafric Fabrik

Abb. 1: Drohnenaufnahme der fairafric Fabrik

Dramatische Preisentwicklungen am Kakao-Weltmarkt

Der Rohstoff Kakao wird an der Börse gehandelt. Der Weltmarktpreis für eine Tonne Kakao lag in der Vergangenheit meist zwischen $1.500  (US-Dollar) und $2.200 pro Tonne Kakao. Der Weltmarktpreis ist als Grundpreis zu verstehen und bildet somit auch die Basis für Bio- und Fair Trade-Kakao, für den je nach Zertifizierung zusätzlich zum Grundpreis eine festgelegte Mindestprämie gezahlt wird.
Doch die gesamte Kakaoindustrie steht derzeit Kopf!

Der Weltmarktpreis für Kakao hat sich allein in den letzten 12 Monaten mehr als verdreifacht (von $2.200 im März 23 auf über $10.686 im April 24), wobei weiterhin täglich neue historische Höchststände erreicht werden. Einen solchen Preisanstieg hat es auf dem Kakaomarkt noch nie gegeben und betrifft natürlich auch unsere Einkaufspreise.

Abbildung 1: Kakao Weltmarktpreis in $ pro Tonne, von 2019 bis April 2024.

Abbildung 2: Kakao Weltmarktpreis in $ pro Tonne, von 2019 bis April 2024.

Warum steigt der Weltmarktpreis für Kakao derzeit so rapide an?

  1. Anstieg Lebenshaltungskosten  Vor allem in den letzten zwei Jahren sind die Lebenshaltungskosten in Westafrika extrem gestiegen. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen explodierenden Energiepreise haben in Ghana zu einer Währungskrise geführt, so dass die Inflation in den letzten Jahren stetig auf fast 70 Prozent anstieg. Unserer Vision entsprechend haben wir von fairafric daher die Löhne unserer Mitarbeitenden deutlich erhöht, was kaum ein anderes Unternehmen in Ghana getan hat, so dass die Kaufkraft der Menschen im Land stark gesunken ist. Dieser Effekt, zusammen mit einer letztjährigen unterdurchschnittlichen Ernte führte zu einem ersten Anstieg des Weltmarktpreises für Kakao von 1.800 GBP im ersten Quartal 2022 auf 2.700 GBP im Sommer 2023 - das war zu diesem Zeitpunkt einer der höchsten Werte in der Geschichte des Weltmarktpreises für Kakao.

  2. Ernteausfälle um bis zu 40-50% in Westafrika
    In kaum einem anderen Teil der Welt machte sich der Klimawandel so stark bemerkbar wie in Westafrika. Während normalerweise mit Beginn der Kakaoernte die Regenzeit vorbei ist, dauerte sie im vergangenen Jahr während der gesamten Kakaoernte an. Dabei regnete es 1-2 Stunden am Tag so stark, dass es teilweise zu Überschwemmungen kommt, da der Boden die Wassermengen nicht aufnehmen kann, während es den Rest des Tages sonnig und warm ist. Einer der Hauptgründe für diese starken Wetterveränderungen ist ein Klimaphänomen namens „El Niño“, bei dem sich die Meeresströmungen durch die Erwärmung des Ozeans verändern.
    Neben den klimatischen Veränderungen hat auch die so genannte „Black Pot Desease“ zu Ernteeinbußen geführt. Dabei handelt es sich um eine Pilzerkrankung des Kakaobaums, bei der die Kakaoschoten direkt am Kakaobaum schwarz werden und abfallen, bevor sie überhaupt reif sind.  
    Diese Veränderungen haben dazu geführt, dass die Kakaoernte 2023/2024 um bis zu 40-50% geringer ausgefallen ist als im Vorjahr, obwohl die Ernte 2022/2023 bereits unterdurchschnittlich war. Mit jeder Nachricht über die Erntemengen stieg der Weltmarktpreis weiter bis auf 3.600 GBP im Dezember 2023. Auf dieser Preisbasis hatten wir Anfang 2024 unsere Preise nachkalkuliert, was zu unserer ursprünglichen Planung einer Preisanpassung des UVP um 0,20 Euro/Tafel geführt hat. Leider sind seit dem Anfang des Jahres allerdings die Kosten für Kakao in Rekordzeit in noch nie dagewesene Höhen gestiegen.

  3. Strukturelle Gründe für den Kakaoanstieg
    Ein weiterer ganz entscheidender Treiber sind die strukturellen Herausforderungen des Kakaomarktes. Da der Staat über COCOBOD direkt Verträge mit den großen Akteuren des Kakaosektors abschließt und in den letzten Jahren stark vom Zufluss ausländischer Devisen abhängig war, wurden größere Mengen Kakao verkauft als verfügbar waren. Dies ist an sich nicht ungewöhnlich, da diese Kontrakte in der nächsten Ernte geliefert werden. Es funktioniert aber nur, wenn die Kakaoernte steigt oder zumindest konstant bleibt. Da diese Ernte deutlich geringer ausfällt, ist es nun zum Crash gekommen, da die Kontrakte aus der Vergangenheit und die reguläre Nachfrage deutlich über der verfügbaren Kakaomenge liegen. Erhebliche Preissteigerungen waren die Folge.

  4. Lieferengpässe & Spekulation
    Die Schokoladenindustrie hat in den letzten 12 Monaten beispiellose Rahmenbedingungen (Preisentwicklungen und Verfügbarkeit) am Kakaomarkt erlebt. Bereits der erste Anstieg auf 2.700 GBP im Sommer 2023 war ein Schock für die Industrie. Die meisten Produzenten kauften nur kleine Mengen zu diesem Preis, in der Hoffnung, dass es sich nur um einen kurzfristigen Effekt handeln würde. Doch aufgrund weiterer Missernten stieg der Preis immer weiter an. Seit Anfang dieses Jahres ist die Situation eskaliert. Viele Hersteller mussten dringend Kakao kaufen, um die Produktion nicht zum Erliegen zu bringen. Die Folge: Panikkäufe, bei denen der Preis zweitrangig war, um die Produktion zu sichern. Dies führte zu ungeahnten Preissprüngen. Innerhalb weniger Wochen stieg der Preis pro Tonne von 3.600 GBP auf aktuell über 6.950 GBP. Viele Hersteller von Kakaozwischenprodukten z.B. Kakaomasse und Kakaobutter) bieten nur noch tagesaktuelle Preise an, sofern sie überhaupt genügend Kakao zur Verfügung haben. Aufgrund der deutlich schlechteren Ernte kommt es aktuell zu großen Problemen bei der Verfügbarkeit von Kakao und die ersten Fabriken können unabhängig von den Preisen nicht genug Kakaobohnen bekommen.  
    Da der Kakao-Weltmarktpreis an der Börse bestimmt wird, haben auch Spekulationen einen großen Einfluss auf den Kakaopreis. Sobald die ersten Nachrichten über Ernteausfälle publik wurden, setzten Spekulanten auf weiter steigende Preise und verstärkten die Anstiegsdynamik, sodass die Spekulationen inzwischen einen erheblichen Einfluss auf die stark gestiegenen Preise haben.

Warum es wichtig ist, fairafric und unsere Partner*innen weiterhin zu unterstützen

Abb. 3: Kakaofarmer aus Westafrika

Unsere Schokolade ist nicht nur ein Genuss für den Gaumen, sondern auch ein Beitrag zur Unterstützung einer fairen und nachhaltigen Kakaoindustrie. Durch den Kauf unserer Schokoladen trägst du dazu bei, dass faire Preise für Kakao*bäuerinnen gezahlt werden, was wiederum die Lebensgrundlage vieler Gemeinden in Ghana sichert. Darüber hinaus fördern wir durch die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort die wirtschaftliche Entwicklung und tragen zum Aufbau stabiler Strukturen bei.
Wir hoffen sehr, dass Ihr trotz dieser Neuigkeiten, genauso motiviert seid, unsere Schokoladen zu kaufen, anzubieten und damit weiter dazu beitragt, jungen Menschen in Ghana eine berufliche Perspektive zu bieten und SChokolade fairer zu gestalten.

Euer großes Engagement wird in Zukunft noch wichtiger sein. Dabei wollen wir Euch bestmöglich unterstützen und mit Euch diese Ausnahmesituation gemeinsam meistern – mit Transparenz und einer engen Kommunikation.

Wir danken dir von Herzen für deine Unterstützung auf unserem Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft. Lass uns gemeinsam weiterhin den Unterschied machen und für eine Welt eintreten, in der jeder eine faire Chance verdient.
 

Hintergrundinformationen und häufig gestellte Fragen:

Wie ist der Kakaohandel aufgebau?

Einer der Hauptgründe für die großen Herausforderungen auf dem Kakaomarkt sind die historisch gewachsenen Strukturen mit unzähligen Zwischenhändler*innen, die zwischen Kakaobäuer*innen und Schokoladenkäufer*innen agieren.

So wird der Kakaohandel in Ghana von der staatlichen Behörde COCOBOD reguliert, die das Monopol zum Kauf und Verkauf von ghanaischen Kakaobohnen hat. Der Ankauf der Bohnen von den Bäuerinnen und Bauern erfolgt durch COCOBOD-zertifizierte Unternehmen, sogenannte „Licensed Buying Companies“ (LBC). Die Kakaofarmer*innen in Ghana verkaufen ihre Kakaobohnen also an LBCs, welche die Kakaobohnen dann an COCOBOD weiterverkaufen. COCOBOD wiederum hat Verträge über bestimmte Abnahmemengen mit Händlern, die die Kakaobohnen dann an die Industrie verkaufen. Hier dominieren einige wenige Akteure, die knapp 75% des weltweiten Kakaos aufkaufen und damit eine enorme Marktmacht besitzen: Nestlé, Mondelez, Barry Callebaut, Cargill, Olam.

Wie geht fairafric mit diesen Strukturen um?

Das Ziel von fairafric ist es, der Armut der beteiligten Menschen, die in Ghana vom Kakao leben, ein Ende zu setzen. Deshalb hat fairafric seine Schokoladenfabrik direkt im Kakaoanbaugebiet in Ghana gebaut um den gesamten Verarbeitungsprozess vom Kakaobaum bis zur fertigen Tafel vor Ort. Dadurch, dass man direkt vor Ort ist, können gemeinsam mit den dort umliegenden Gemeinden echte Lösungen und damit Perspektiven für immer mehr Menschen in Ghana geschaffen und daraus einen Strukturwandel vorangetrieben werden. Dafür zahlt fairafric mit 600 Dollar (entspricht 475 Britische Pfund) je Tonne Kakaobohnen die höchste Bio-Prämie in ganz Westafrika. Dieser Ansatz von fairen Preisen für die Kakaobäuer*innen und dem Anspruch der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Verarbeitung vervielfacht das Einkommen Ghanas im Vergleich zum sonst üblichen, reinen Export von Kakaobohnen zur Verarbeitung in Europa.

Wie kann fairafric eine Rückverfolgbarkeit sicherstellen?

In der Praxis sieht der Kakaoeinkauf bei uns wie folgt aus:
  • wir informieren die Kakaokooperative, welche Mengen wir zu welchem Zeitpunkt während der Erntezeit benötigen.
  • Sobald die benötigte Menge geerntet wurde, werden wir von der Kooperative informiert.
  • Den Kaufprozess zwischen COCOBOD und der Partnerkooperative begleiten wir persönlich vor Ort. So können wir sicherstellen, dass jede Kakaobohne, die für uns bestimmt ist, auch bei uns ankommt.
  • Der Preis, den wir am Ende des Einkaufsprozesses an die Partnerkooperative zahlem, errechnet sich aus dem Weltmarktpreis pro Tonne Kakao, der Prämie für Kakaobohnen aus Ghana und der Bio-Prämie, die wir zusätzlich zahlen. Die Bio-Prämie zahlen wir direkt an die Kakaokooperative.