Bäume pflanzen - gut für die Umwelt oder nur fürs Marketing?

Bäume pflanzen - gut für die Umwelt oder nur fürs Marketing?

Bäume Pflanzen gegen den Klimawandel – das ist so einfach wie noch nie. Bei der Internetsuche, dem Kauf von Kondomen oder beim Kaffeetrinken bekommt man heute einfach noch einen Baum aufs Haus, der dann vorwiegend in Ländern des Globalen Südens gepflanzt wird, um Tonnen an CO2 zu absorbieren. So lauten zumindest die Werbeversprechen. Auch zur Treibhausgas-Kompensation von Flügen, ganzen Unternehmen oder dem persönlichen Fußabdruck gibt es inzwischen Hunderte von Baumpflanz-Projekten, die versprechen, den ausgestoßenen CO2-Wert auszugleichen.

Auch wir bei fairafric nutzen solche Projekte, um unseren ökologischen Fußabdruck, der bei der Produktion der Schokoladen entsteht, zu neutralisieren. Gerade deshalb ist es aber wichtig für uns, sich mit dem Thema kritisch auseinanderzusetzen. Wie viel bringt das Pflanzen von Bäumen wirklich? Was sagt die Wissenschaft dazu? Welche Maßnahmen und Projekte sind sinnvoll und welche schlichtweg Greenwashing? Diesen Fragen möchten wir hier kritisch und transparent nachgehen.

Wieviel bringt das Pflanzen von Bäumen wirklich?

Wir brauchen Bäume, um den Klimawandel zu verlangsamen, und wir brauchen wirklich viele. Laut einer Studie der Technischen Hochschule Zürich könnten Bäume bis zu zwei Drittel der von Menschen verursachten CO2-Emissionen aufnehmen. Aufforstung stelle damit eines der effektivsten Mittel im Kampf gegen den Klimawandel dar. Um so viele Emissionen aufzunehmen, bräuchten wir aber zusätzlich zu den bereits existierenden Waldflächen bis zu eine Milliarde Hektar neu bepflanztes Land. Da klingt es doch eigentlich ganz vernünftig, dass so viele Unternehmen und Initiativen nun Bäume pflanzen.


So einfach ist es aber leider doch nicht den Klimawandel aufzuhalten. Eines der größten Probleme ist, dass es für eine vernünftige CO2-Aufnahme und Verarbeitung Bäume mit einer gewissen Biomasse braucht. Denn von dieser hängt ab, wie viel Kohlenstoffdioxid der Baum speichert und somit, wie viel CO2 er aus der Umluft filtert. Nehmen wir einmal zwei einheimische Bäume als Beispiel: Eine 35 m hohe und 50 cm dicke Fichte speichert in ihrem Leben circa 2,6 Tonnen Kohlendioxid. Eine Buche mit denselben Maßen kann bis zu einer Tonne mehr CO2 aufnehmen, da sie über eine höhere Holzdichte verfügt. Die Größe und die Baumsorte spielen somit schon mal eine erhebliche Rolle. Sehr entscheidend ist auch das Alter, denn um diese Maße zu erreichen, brauchen Bäume je nach Art Jahre bis Jahrzehnte (im Fall der Fichte beispielsweise 100 Jahre).
Etwas leichter haben es da Bäume in den Tropen, da sie oft viel schneller wachsen und mehr Biomasse bilden.

Sogenannte „Reforestation“-Projekte pflanzen aber natürlich keine meterhohen Bäume, sondern Setzlinge, welche wiederum zunächst sehr wenig Kohlenstoff aufnehmen. Damit sie wachsen und irgendwann größere Mengen CO2 speichern können, brauchen sie eine geeignete Umgebung und Schutz vor Abholzung, Tieren und extremen Wettereinflüssen. Auch die Beschaffenheit des Bodens und die Dichte der Bepflanzung sind Faktoren, welche beachtet werden müssen. Um ein gutes Heranwachsen der Bäume zu gewährleisten,muss deshalb auch mit der Bevölkerung vor Ort zusammengearbeitet werden.

Auch die Frage, was mit den Bäumen passiert, wenn sie erst einmal groß sind, ist sehr wichtig und bedarf guter Zusammenarbeit. Ist nämlich kein langfristiger Schutz der Aufforstungsgebiete gewährleistet, besteht die Gefahr, dass sie irgendwann für ihr Holz gefällt werden oder doch wieder Ackerflächen und anderen Nutzarten zum Opfer fallen. Durch Brände oder Rodung würden die gespeicherten Mengen CO2 nämlich wieder freigesetzt werden und in die Atmosphäre gelangen.

Zuletzt spielt auch die Baumart eine Rolle. Nicht jede Baumart ist für jeden Boden geeignet oder fördert das natürliche Wachstum in einer Region. Ziel von Aufforstungsprojekten sollte es immer sein, der Natur wieder Raum zurückzugeben und so auch Tier- und Insektenarten neuen Platz zu bieten. Werden aber Bäume gepflanzt, die nur schlecht wachsen oder das Wachstum anderer Pflanzenarten unterdrücken, kann das sogar eher negative Folgen für das Gebiet haben. Wie der NDR kürzlich in einer Dokumentation zu dem Thema zeigte, ist es manchmal sogar besser, die Gebiete einfach komplett der Natur zu überlassen, die sich dann oft selbst regenerieren kann in ihrer ganzen Vielfalt.

Inzwischen gibt es viele Organisationen, welche die hier genannten Bedingung für ein gutes Baum- und Waldwachstum beachten und nicht nur neue Gebiete aufforsten, sondern gegebenenfalls auch noch Arbeitsplätze und neue Einkommensquellen in den oft ruralen Regionen schaffen. Leider gibt es aber auch viele Unternehmen, welche diese Faktoren vollkommen missachten. Durch genaueres Recherchieren oder Nachfragen, lassen sich diese aber oft schnell enttarnen.

Echter Umweltschutz oder moderner Ablasshandel?

Wie sieht das denn nun aber aus, wenn Privatpersonen oder Unternehmen mit dem Pflanzen von Bäumen ihre CO2-Emissionen kompensieren möchten? Kann das – bei vernünftiger Umsetzung – wirklich funktionieren?
Auch hier ist die Antwort weder ein klares Ja noch ein Nein. Zunächst einmal sollte folgendes klargestellt werden: die Kompensation von Treibhausgasen durch das Pflanzen von Bäumenoder andere Projekte – sollte nie das Einzige sein, was eine Person oder ein Unternehmen tut, um seinen oder ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Heutzutage nutzen besonders große Konzerne ihre Baum-Initiativen gerne als eine Art modernen Ablasshandel. Sie begehen Umweltsünden entlang ihrer Lieferkette und kaufen sich von diesen dann frei, indem sie Baumpflanzzertifikate erwerben oder Setzlinge verschenken, die angeblich die ausgestoßenen Mengen an CO2 wieder kompensieren. Berühmte Beispiele findet man unter anderem auf Webseiten von Reforestation-Organisationen wie treedom.com. Gelistet sind hier Nespresso, H&M, Samsung und Co. mit unterschiedlichsten Initiativen, die ihr Umweltbewusstsein widerspiegeln sollen.

So kann richtiger Umweltschutz aber nicht funktionieren und der Klimawandel wird erst recht nicht aufgehalten. Sowohl Konsument*innen als auch Unternehmen müssen sich bemühen, schon in der Produktion und im Alltag Emissionen so gut es geht zu vermeiden. Dann würde es oftmals auch gar nicht erst zur Abholzung der wertvollen Urwälder kommen.

Zu berücksichtigen ist zudem auch, dass nicht nur Unternehmen, die Bäume pflanzen lassen, dies gerne zur Profitmaximierung und Imageverbesserung machen. Auch viele Anbieter verdienen sich inzwischen mit dem Baumgeschäft eine goldene Nase. Wie die Journalistinnen Zita Zengerling und Desireé Fehringer herausfanden, bieten Unternehmen beispielsweise einen gepflanzten Baum als persönliches Geschenk an – für rund 60 Euro. Der entsprechende Setzling kostet aber nur wenige Cent. Geld in die weitere Pflege und den Schutz der kleinen Bäume wird so gut wie keines gesteckt.

Sowohl als Unternehmen, als auch als Privatperson muss man also auf einiges achten im „Baum-Business“. Glücklicherweise gibt es aber auch viele gute Organisationen, die transparent und sorgfältig arbeiten und nicht nur mit schön klingenden Zahlen um sich werfen.

Wieso pflanzen wir Bäume mit fairafric?

Wie bereits am Anfang erwähnt, haben auch wir bei fairafric uns dazu entschieden, Bäume zu pflanzen. Derzeit machen wir das im Rahmen von zwei Projekten. Zum einen gibt es da unser Kokossetzling-Projekt. Bereits seit 2018 pflanzen wir kleine Kokospalmen in Zusammenarbeit mit Yayra Glover Ltd. und den Kakaobauern und -bäuerinnen rund um Amanase. Damit soll ihnen eine zusätzliche Einkommensquelle neben dem Kakaoanbau ermöglicht werden und ihre landwirtschaftlichen Flächen durch mehr Vielfalt gefördert werden. 

Unser zweites Baumpflanzprojekt, welches wir unterstützen, befindet sich in Togo und wird von der Klimaschutzagentur natureOffice geleitet. Seit mehr als drei Jahren arbeiten wir mit ihnen zusammen an der Kompensation unserer CO2-Emissionen. Trotz der Kontroversen um das Thema Kompensation und Bäumepflanzen haben wir uns dafür entschieden, diesen Schritt zu gehen. Denn auch wenn wir uns bemühen, möglichst Ressourcen- und Energieschonend zu produzieren, sind manche Emissionen einfach nicht vermeidbar. Und solange das der Fall ist, ist es uns wichtig, diese zumindest vollständig auszugleichen. NatureOffice hat sich hierfür als ein besonders toller Partner erwiesen. Die Klimaschutzagentur finanziert sich in erster Linie, indem sie für Unternehmen Ökobilanzen erstellt, Umweltstrategien entwirft oder Zertifizierungen durchführt. Genau das machen sie auch für uns einmal im Jahr. Alle CO2-Werte, die sowohl in Ghana, als auch in Deutschland oder auf dem Weg unserer Schokolade entstehen, werden genau berechnet. Anschließend können diese mithilfe von verschiedenen Klimaprojekten neutralisiert werden, welche größtenteils durch Gewinne der Agentur getragen werden. Das Bäumepflanzen in Togo ist dabei das Herzensprojekt der Firma.

Wie aber gewährleistet natureOffice, dass ihre Bäume bestimmte Mengen an CO2 kompensieren oder nicht gefällt werden? Geschäftsführer Andreas Weckwert erklärt: „Um zu prüfen, wie viel CO2 unsere Bäume tatsächlich speichern können, führen wir alle 5 Jahre eine Bauminventur durch und vermessen jeden einzelnen Baum.“ Aus den Maßen kann dann die Biomasse und daraus die Speicherkapazität ermittelt werden. Wer es mathematisch ganz genau wissen will, kann das hier nachlesen. Zudem sichern sie sich gegen eine eventuelle Zerstörung der Bäume ab. „Nur 80 Prozent der Bäume eines einzelnen Anpflanzgebietes werden für unsere Berechnungen genutzt. Die übrigen 20 Prozent dienen als eine Art Sicherungsfonds, falls einmal eines der Gebiete einem Feuer oder illegaler Rodung zum Opfer fällt“. Zudem schützen sie ihre Gebiete mithilfe der Bevölkerung vor Ort und schaffen somit auch neue Arbeitsplätze.

Was Weckwert auch besonders wichtig ist: „Es geht hier nicht nur darum, einen einzelnen Baum zu pflanzen, der so und so viel CO2 kompensiert, sondern gesunde Ökosysteme zu schaffen, Lebensräume zu bieten und Biodiversität zu erhalten.“ Nicht der einzelne Baum sei das wichtige, sondern der ganze Wald. Um solch diverse Lebensräume zu kreieren, pflanzt natureOffice nicht nur eine Baumart an, wie es leider viele andere Organisationen machen, sondern bis zu 28 Arten pro Gebiet. Die Strategie hat Natur und Tieren ermöglicht, sich daraufhin frei zu entfalten und inzwischen gibt es Aufforstungsgebiete im Togo, in denen ganze 94 Pflanzenarten zu finden sind.

Was lässt sich abschließend über das Thema Bäumepflanzen sagen?

„Kauf unser Produkt und wir pflanzen einen Baum“ – so einfach ist das mit dem Klimaschutz leider nicht, wie wir gesehen haben. Zum einen ist so gut wie nie die Rede von einem ganzen Baum, sondern Setzling. Dieser ist nicht automatisch gut für die Umwelt und oft wird er nicht mal zu einem Baum. Viele Faktoren müssen beachtet und von den entsprechenden Firmen und Organisationen mit Transparenz kommuniziert werden, um mit dem Bäumepflanzen wirklich etwas Gutes bewegen zu können. Baumsorte, Anpflanzregion, Schutz der Gebiete, die richtige Berechnung und Abrechnung der CO2-Werte – all das spielt eine große Rolle. Deshalb muss man sich als Unternehmen oder Privatperson gut mit dem Thema auseinandersetzen, bevor man damit wirbt oder ein Produkt aufgrund von Marketingversprechen kauft.

Findet man aber eine geeignete Organisation, die sich mit viel Herzblut für ihre Projekte einsetzt und ihr Handeln kritisch reflektiert und kommuniziert, kann sehr viel für den Umweltschutz erreicht werden. Bereits produziertes CO2 kann so gut wie bei keiner anderen Methode aus unserer Umwelt gefiltert werden, Artenvielfalt wird gefördert und soziale Wirkung kann dabei auch noch entstehen.
Nicht zuletzt schafft der Hype um das Bäumepflanzen Bewusstsein. Es zeigt uns, dass wir Bäume und Wälder dringend brauchen und dass wir bei unserem Handeln immer auch unseren ökologischen Fußabdruck im Auge haben sollten.

Wir finden deshalb, egal ob Unternehmen oder Personen: Pflanzt Bäume – aber macht es richtig!